16. Mai 2024

Anpassung des Schweizer Stiftungsrechts und Neuerungen im Bereich Steuerbefreiung

Der Stiftungsstandort Schweiz soll gestärkt werden. Teils wurden entsprechende Massnahmen bereits umgesetzt und teils sind sie noch in Vorbereitung: Anfang 2024 trat eine Teilrevision des Stiftungsrechts in Kraft, die u. a. nachträgliche Anpassungen durch den Stifter erleichtert. Zudem wurde der Bundesrat vor Kurzem durch das Parlament mit der Umsetzung einer Lockerung der Gesetzgebung zur Familienstiftung beauftragt. Daneben hat der Kanton Zürich unlängst seine Regeln für die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit gelockert, was sich auch für Stiftungen positiv auswirken kann.

Stiftungsrecht

Die Revision des Stiftungsrechts per Anfang 2024 brachte namentlich folgende Änderungen mit sich: 

1. Erweiterung der Stifterrechte: Bisher konnte ein Stifter bei der zuständigen Behörde nur die Änderung des Stiftungszwecks beantragen, sofern dies in der Stiftungsurkunde vorbehalten wurde. Mit der neuen Regelung kann der Stifter, unter der gleichen Voraussetzung, auch die Änderung der Organisation der Stiftung (einschliesslich wesentlicher Punkte) beantragen, was die Einflussmöglichkeit von Stiftern deutlich stärkt (vgl. Art. 86a ZGB).

2. Vereinfachung von unwesentlichen Änderungen der Stiftungsurkunde: Zudem sind neu, via Aufsichtsbehörde, unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde möglich, sofern sie sachlich gerechtfertigt sind und keine Rechte Dritter beeinträchtigen (bislang mussten solche Änderungen aus triftigen sachlichen Gründen als geboten erscheinen) (vgl. Art. 86b ZGB).

3. Form von Urkundenänderungen: Änderungen der Stiftungsurkunde, die von der zuständigen Behörde verfügt werden, bedürfen keiner öffentlichen Beurkundung mehr (vgl. Art. 86c ZGB).

4. Gesetzliche Regelung der Stiftungsaufsichtsbeschwerde: Neu ist die Stiftungsaufsichtsbeschwerde ausdrücklich im Gesetz geregelt, was zur Rechtssicherheit beiträgt (vgl. Art. 84 Abs. 3 ZGB).

Die bereits von beiden Kammern des Parlaments gutgeheissene Motion Burkhart zur Stärkung von Familienstiftungen beinhaltet im Kern die Streichung des in Artikel 335 ZGB enthaltenen Verbots von Unterhaltsstiftungen. Damit soll ein Instrument geschaffen werden, das eine dosierte Weitergabe des Familienvermögens an die Nachkommen ermöglicht. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Einführung eines Schweizer Trustrechts derzeit wenig wahrscheinlich erscheint. Der Bundesrat ist nunmehr verbindlich mit der Umsetzung dieses Anliegens beauftragt (vgl. Motion 22.4445; Art. 335 Abs.1 ZGB).

Schliesslich hat der Kanton Zürich Anfang Februar 2024 seine Praxis zur Befreiung von den Gewinn- und Kapitalsteuern wegen Gemeinnützigkeit gelockert. Dies beinhaltete insbesondere folgende Änderungen:

1. Angemessene Entschädigung für Organe: Neu stehen angemessene Entschädigungen für Organe einer Steuerbefreiung nicht mehr entgegen. Bei Stiftungen gehen die Zürcher Steuerbehörden grundsätzlich davon aus, dass die Aufsichtsbehörde die Angemessenheit der Entschädigungen bereits geprüft hat (vgl. Art. 84b ZGB). Bei Vereinen und anderen Organisationen prüfen die Steuerbehörden die Angemessenheit jedoch selbst.

2. Gemeinnützige Tätigkeiten im Ausland: Weiter werden gemeinnützige Tätigkeiten im Ausland jetzt grundsätzlich nach dem gleichen Massstab wie Tätigkeiten im Inland beurteilt (Förderungswürdigkeit aus schweizerischer gesellschaftlicher Sicht und, damit verknüpft, Begründetheit bzw. Vertretbarkeit des mit der Steuerbefreiung verbundenen Steuerausfalls). Zwingend ist jedoch (weiterhin) die Sicherstellung der notwendigen Transparenz. 

3. Unternehmerische Fördermodelle: Nach der Praxisanpassung stehen auch unternehmerische Fördermodelle (Darlehen, Beteiligungen, Wandeldarlehen) einer Steuerbefreiung nicht mehr entgegen. Dies gilt selbst dann, wenn ein Mittelrückfluss an die gemeinnützige Institution vorgesehen ist bzw. stattfindet. Vorausgesetzt ist allerdings, dass durch die steuerbefreite Institution nur Investitionen getätigt werden, welche gewinnorientierte Dritte für gewöhnlich nicht machen würden. Die Fördermittel dürfen daher nur in Bereichen eingesetzt werden, wo nachweislich (noch) kein Markt besteht. Zudem müssen zurückgeflossene Mittel wiederum für den gemeinnützigen Zweck eingesetzt werden.

Aus Stifter- und Stiftungssicht führen diese Massnahmen insgesamt zu einer Erhöhung der Flexibilität und damit zu einer Stärkung des Stiftungsstandortes Schweiz. Wir werden die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich für Sie beobachten und über wichtige Veränderungen berichten.

Martin Laube steht Ihnen für individuelle Fragen gerne zur Verfügung.

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